Kapitel 4 - Alex

Kapitel 4

Oder, Alex hat ein Vorstellungsgespräch

Mein Telefon klingelt. Auf dem Display erscheint: „Stadtbibliothek.“ Ich lasse es ein paar Sekunden läuten, bevor ich abhebe, weil ich will nicht verzweifelt wirken bei meiner – hoffentlich – neuen Arbeitsstelle. Nach ein paar Sekunden räuspere ich mich und nehme den Anruf an: „Ja, hallo?“

Durch die Leitung kann ich eine recht junge, weibliche Stimme erkennen, die sich als Jana von der Stadtbibliothek vorstellt: „Spreche ich mit Alex?“, sie wartet kurz meine Antwort ab, bevor sie weiterspricht.„Ich melde mich bezüglich des Sommerjobs. Wir haben uns im Team abgesprochen und wir würden dich gerne kennenlernen. Keine Angst, du hast den Job, aber ich würde mich trotzdem gerne mit dir unterhalten. Ein bisschen deine Aufgaben durchgehen und alles besprechen, was sonst noch dazugehört. Würde es für dich passen, gleich vorbeizukommen? Für eine halbe Stunde oder so?“

Ich habe den Job. Ich habe den Job! „Ja! Natürlich. Ich bin in zehn Minuten da! Bis gleich!“ Ich lege auf und laufe die Treppen runter zur Haustür, wo ich mir schnell irgendein Paar Schuhe anziehe und durch die Tür sprinte, bis zu meinem Fahrrad. Glücklicherweise wohne ich nicht weit entfernt vom Stadtzentrum und ich schaffe es sogar ein paar Minuten früher zur Bibliothek.

Als ich sie betrete, spüre ich die kühle Luft der Klimaanlage, welche an heißen Sommertagen eine echte Rettung ist. Am Empfangstisch sitzt eine junge Frau und daneben eine eher ältere Dame, die ich als Maria kenne. Ich hoffe, ich muss nicht mit ihr reden, denn sie ist als das Schreckgespenst der Bibliothek bekannt.

Ich wende mich an die junge Frau: „Hallo, ich bin Alex, ich bin hier wegen des Gesprächs.“

„Ah, hallo Alex, ich bin Jana, ich habe mit dir telefoniert, komm mit.“ In echt klingt ihre Stimme viel freundlicher als über das Telefon und auch ihr Lächeln wirkt recht sympathisch. Sie führt mich in einen kleinen Hinterraum, wo sie mir einen Stuhl zuschiebt und mir Kaffee anbietet.

„Nein, danke, sehr nett“, antworte ich ihr, weil ich schon beim Hereinkommen die Filterkaffeemaschine gesichtet habe und nur ein Masochist würde sich das antun.

Jana nickt nur und setzt sich mir gegenüber auf einen Stuhl und überschlägt die Beine. „Also Alex, beginnen wir. Deine Aufgaben sind eigentlich recht einfach. Bücher einsortieren, der Kundschaft beim Self-Checkout behilflich sein und bei unseren Events ein wenig mithelfen. Wäre das in Ordnung?“

Das klingt recht entspannt. „Ja, ich denke, das müsste ich schaffen.“

Jana lächelt. „Es gibt auch noch andere Kleinigkeiten, bei denen du uns, als junger Mensch, helfen könntest. Kennst du dich zufällig ein wenig mit Grafik aus, oder schreibst du gerne?“

Ich überlege kurz, ob meine Noten gut genug sind, um zu behaupten, dass ich mich mit Grafik auskenne. „Ich besuche eine Schule mit Schwerpunkt Grafik und es interessiert mich auch, aber ich weiß nicht wie gut ich darin bin.“

„Keine Sorge“, erwidert Jana, „Wenn wir etwas für dich haben, kannst du es ja einfach versuchen.“

Die junge Bibliothekarin steht auf und holt ein paar Zettel, die sie mir zum Unterschreiben mit nach Hause gibt. „Morgen um 8 Uhr fängst du an, gut?“

Ich lächle. „Perfekt, bis dann!“

„Tschüss Alex, bis morgen.“

Gut gelaunt verlasse ich den Raum. In einem Moment der Unachtsamkeit remple ich aus Versehen jemanden an. Ein paar Bücher fallen auf den Boden und ich bücke mich schnell, um sie aufzusammeln.

„Tut mir leid, ich habe nicht aufgepasst.“

„Schon gut, ich war im Weg“, antwortet eine sanfte Stimme ,und als ich aufschaue, sehe ich nur: blau.

Lange, blaue Haare. An manchen Stellen ist es ein tiefes Dunkelblau, an anderen heller. Es sieht aus, wie der Ozean und ich verliere mich in den Farben. In Gedanke sehe ich mich schon die verschiedenen Strähnen berühren. Am liebsten würde ich sie mir um den Finger wickeln. Ich höre ein Räuspern, welches mich aus meinen Gedanken reißt und sehe einem Mädchen direkt in seine grünen Augen.

Das Mädchen senkt ihren Blick nach ein paar Sekunden und meint dann bloß: „Meine Bücher, bitte.“

Ah. Natürlich. „Hier.“

Sie lächelt mich an und nimmt mir die Bücher aus der Hand.

„Danke“ Sie steht auf und geht weiter, die Treppen hoch.

 

Wow.

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