16. Dezember: Nora
Nora
Elena zerrt mich praktisch die Treppen hoch, während ich mich mental auf laute Musik und betrunkene Leute vorbereite. Doch als wir vor einer Tür im dritten Stock haltmachen, höre ich nichts außer entspannendem Jazz.
“Stehen wir vor der falschen Tür?”, frage ich Elena, die so wie ich verwirrt die Tür betrachtet.
Meine Freundin zieht ihr Handy aus der Tasche und kontrolliert die Nachricht, die sie mit den Details bekommen hat. “Dritter Stock, rechte Tür. Das muss sie sein.”
Elena klopft und einen Augenblick später streckt ein Junge seinen Kopf heraus. “Elena! Nora! Schön, dass ihr es geschafft habt. Kommt herein!
Ich ziehe an meinem Schal und rücke näher an Elena heran. “Woher kennt er meinen Namen?”
Elena zuckt mit den Schultern. “Ausschlussverfahren. “
In der Wohnung riecht es nach frisch gebackenem Kuchen und wir müssen uns ducken, wenn wir sie betreten, weil Strümpfe vom Türrahmen hängen.
Es ist gemütlich und irgendwie … leer? Es ist keine betrunkene Menschenmenge in Sicht. Der Junge, der uns hereingelassen hat, stellt sich als Alex vor und ich flüstere Elena zu, ob es der Typ ist, von dem sie gesprochen hat.
Als Elena gerade antworten will, kommt aus er Küche ein Mädchen, welches sich an Alex Arm hängt. “Hey, ich bin Greta.” Sie reicht uns ihre freie Hand und sieht Elena und mich erwartungsvoll an.
Elena reicht dem Mädchen die Hand und ich sehe Elena schockiert an. Ist sie nicht verschossen in diesen Jungen? Ist das nicht der Grund, warum wir hier sind? Wie kann sie so gelassen darauf reagieren, dass er offensichtlich eine Freundin hat? Oder ist das seine Schwester? Nein, das wäre komisch, oder?
Greta räuspert sich und ich bemerke, dass ich in meinen Gedanken versunken war und Elena angestarrt habe. Verwirrt lächelnd reiche ich Greta die Hand und stelle mich vor.
“Wir dachten uns, dass wir Risiko spielen könnten? Simon kommt gleich, er macht noch schnell Tee.”
Moment mal … Simon?
Jetzt verstehe ich. “Elena!”, flüstere ich vorwurfsvoll, “Wusstest du, dass Simon hier sein würde?”
Elena kichert.
“Ist das dein Ernst? Bist du überhaupt an Alex interessiert?”
“Nora, bitte! Er hat eine Freundin, für wen hältst du mich?”
In diesem Moment kommt Simon aus der Tür und erstarrt als er mich sieht.
“Simon, endlich! Komm, grüß unsere Gäste!” Alex grinst Simon an, der zaghaft auf uns zukommt.
Es ist irgendwie süß, wie schüchtern er wirkt. Ein Lächeln zerrt an meinen Lippen und Elena stößt mir mit dem Ellenbogen in die Seite. Ich ignoriere ihren Verrat fürs Erste.
Für einen Moment ist es still und niemand sagt etwas, bis Alex vorschlägt, mit dem Spiel zu beginnen.
Erst dauert keine fünf Minuten, bis wir in die Freundesgruppe aufgenommen sind. Wir lachen und spielen, essen die Kekse, die leicht angebrannt sind und trinken den Tee, der mittlerweile schon wieder kalt ist. Es ist der perfekte Abend und ich schaffe es, die drei Freunde ein wenig kennenzulernen. Greta, die auf die einfach so zugänglich ist und sich warmherzig um uns kümmert. Alex, der immer ein paar Witze bereit hat und mit jedem Blick und jeder Geste seine Liebe für Greta ausdrückt. Zu sehen, wie perfekt Greta und Alex zusammenpassen, macht mich ein wenig neidisch, doch ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen. Und dann wäre da noch Simon. Er strahlt eine solche Wärme aus, dass ich mich am liebsten in seine Arme kuscheln würde.
Als der Abend endet, bin ich glücklich, ihn besser kennengelernt zu haben und beginne zu hoffen, dass er vielleicht wieder im Café auftaucht und wir uns wie Freunde gegenüberstehen können.