Kapitel 1 - Blue

Kapitel 1

Oder, wie Greta langsam an den Rand ihrer Verzweiflung getrieben wird

 

TOCK. TOCK. TOCK.

Nach einer kurzen Pause beginne ich erneut meinen Kopf auf den Tisch vor mir zu knallen.

TOCK. TOCK. „Greta?“ TOCK. „Ja?“, murmle ich zurück. TOCK.

„Kannst du damit bitte aufhören? Wir sind in einer Bibliothek …“ Ich spüre Janas Hände auf beiden Seiten meines Schädels. Ihr Griff ist zwar sanft, aber ganz schön stark, denn als ich versuche meinen Kopf erneut auf den Tisch fallen zu lassen, wird er von Janas Händen aufgehalten. Stattdessen begleitet sie meinen Kopf sanft auf die Tischoberfläche und dreht ihn auf die Seite, sodass ich sie ansehen kann.

„Was ist los, hm?“ Ich muss nicht antworten, denn ein Blick auf den Bildschirm vor mir verrät ihr alles, das sie wissen muss. „Ah, eine Schreibblockade.“ Ich nicke nur und starre vor mich hin. Eigentlich sollte ich einen Blog schreiben. Also, das habe ich mir vorgenommen. Aber irgendwie finde ich nicht die richtigen Worte. Alles hört sich unehrlich an. Das Problem ist nur, dass ich nicht besonders ehrlich sein will. Aber genau das ist das Problem. Ich muss mich öffnen. Zumindest sagt das meine Therapeutin, die ich zwar über alles schätze, aber jetzt in diesem Augenblick das Objekt meiner Frustration wurde.

„Was soll mir dieser beschissene Blog helfen? Es wird sowieso keiner lesen. Was nützt es also mich zu öffnen“

Jana lehnt sich gegen den Tisch. „Du weißt genau, dass der Blog nicht deine einzige Möglichkeit ist, die dir Dr. Kofler vorgeschlagen hat. Es ist nur die einzige, bei der du dich nicht unter echte Menschen begeben musst“

Entrüstet schnaube ich aus: „Ich bin unter echten Menschen, ich bin in einer Bibliothek. Und du bist echt. Der alte Mann, der seit einer halben Stunde auf dieselbe Seite starrt, oder eingenickt ist, ist auch echt!“

Jana sieht kurz rüber zu dem Mann, auf den ich zeige und sagt nur: „Eindeutig eingenickt“ Dann sieht sie wieder mich an. „Es geht nicht darum, dass du manchmal Menschen von weitem beobachtest, sondern darum, dass du mit ihnen in Kontakt kommst, mit ihnen sprichst, deine Angst überwindest.“

„Blah blah blah“

„Sehr reif, Greta. Wo liegt das Problem?“

Ich atme tief aus. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es klingt einfach alles falsch und ich habe einfach nichts zu sagen.“

„DU hast nichts zu sagen? Unfassbar. Stell dich einfach mal vor. Hör Musik. Schreib alles auf, was du über dich preisgeben willst und leg deinen Perfektionismus zur Seite. Ändern kannst du später immer noch. Aber dafür musst du erst etwas geschrieben haben. Ich muss wieder an die Arbeit.“ Jana legt mir kurz die Hand auf den Kopf. „Ich komme dich später holen und mir gehen zusammen Eis essen, ok? Aber vorher will ich etwas lesen!“

„Ok …“

Jana lässt mich alleine.

Gut, dann lasst uns beginnen. Ich setzte mich auf. Knacke einmal alle meine Knöchel durch und beginne zu schreiben.

 

„Hey Blue hier!“

 

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